Satoshi Tajiri wuchs in einem Vorort von Tokio auf. Sein Vater war Verkäufer bei Nissan. Der junge Tajiri fühlte sich als Außenseiter - er wollte weder studieren noch eine Lehre machen. Lieber sammelte er Insekten. Seine Mitschüler nannten ihn „Dr. Käfer“. Er musste miterleben, wie die Wiesen, Teiche und Wälder seiner Kindheit zubetoniert, von der sich ausdehnenden Metropole geschluckt wurden. Sechs Jahre lang entwickelte er das Pokémon-Spiel, in das er sein Interesse an kleinen Kreaturen einarbeitete. Mit den Pokémon gibt Tajiri der neuen Generation Gelegenheit, auf ihre Art Insekten zu sammeln: Viele der Pokémon orientieren sich in ihrem Aussehen an tierischen Vorbildern. „Ich habe meine ganze Kindheit in die Pokémon eingebracht“, sagt Tajiri.
Dazu gehört natürlich auch seine Faszination für Videospiele. Tajiri hat die Universität nie besucht, machte aber schließlich eine zweijährige Fachschulausbildung in Elektronik. Fast seine gesamte Zeit verbrachte er in Spielhöllen. Er war ein derart fanatischer Spieler, dass er von einem Ladenbesitzer einen „Space Invaders“-Automaten geschenkt bekam, damit er zu Hause spielen konnte. Mit einigen ähnlich veranlagten Spielern gab Tajiri ab 1982 eine Zeitschrift namens „GameFreak“ heraus: Sie veröffentlichten Spiel-Tipps und Strategien, wie man Hindernisse überwinden konnte. Mit von der Partie war Ken Sugimori, der später alle Pokémon zeichnete. Weil Tajiri mit den auf dem Markt angebotenen Spielen meist nicht zufrieden war, hieß die logische Schlussfolgerung: „Machen wir doch unser eigenes.“ 1991 erkannte Tajiri in der Kabelverbindungsoption zwischen zwei Nintendo Game Boys die entscheidende Voraussetzung für seine Ideen: Es ging nicht nur darum, „Insekten“ elektronisch zu sammeln, sondern sie auch mit anderen per Game Boy zu tauschen. Bei Nintendo erkannte man zwar Tajiris Potenzial, aber er konnte seine Idee nicht schlüssig genug beschreiben. Sie wurde zunächst auf Eis gelegt. Seine Zeitschrift ging fast Pleite, sein Vater musste ihn finanziell unterstützen, während Tajiri verbissen weiterbastelte. Nintendo veröffentlichte das Spiel 1996 - ohne zunächst viel davon zu erwarten. Gleichzeitig erschien eine Comic-Serie des Kubo-Verlags, in der die ersten Sammelkarten enthalten waren. Beides war genau auf das Taschengeld japanischer Kinder zugeschnitten, die sofort lebhaftes Interesse zeigten. |